KÜNSTLERMarlyse Brunner
Marlyse Brunner wurde 1946 in Zürich geboren, wo sie auch heute lebt und arbeitet. Sie war wiederholt Stipendiatin der Steo-Stiftung und der Stadt Zürich, erhielt auch das Eidgenössische Kunststipendium. Seit ihren Stipendien der Stadt Zürich in Paris und New York stellt sie dort regelmäßig aus. Bei einem Studienaufenthalt 2000 in Genua begann sie die große Serie der Frottagen, die 2003/2004 in die ‚Tracce Genovesi’ und 2004 in die Videoproduktion ‚Salendo’ mündet. In Genua hatte sie im SPAZIODELLAVOLTA 2004 eine große Einzelausstellung.
Marlyse Brunner arbeitet seit Jahren nur in Schwarz und Grau, mit Bleistiftgraphit und Kohle auf hellem Grund, denn ihrer Meinung nach ist die Farbe der Seele Schwarz. So stehen die reine Form, der ästhetische Raum und die Spuren des Arbeitsprozesses auf strukturierten Papierbögen im Mittelpunkt ihres bildnerischen Arbeitens. Keine Farbe lenkt vom seelischen Nachklang und der ruhevollen Kraft ihrer Arbeiten ab.
In Oberasbach stellt sie mehrere Arbeiten verschiedenen Formates aus der Serie der ‚Tracce Genovesi’ aus. Es sind Frottagen – also Abreibungen – von Treppen und Podesten, die sie in Genua in einem alten Palazzo erstellt hat. Ein ganzes Treppenhaus mit knapp zwei Meter breiten Stufen, das über mehrere Stockwerke führt, hat sie – demütig geneigt – so abgerieben. Marylse Brunner geht wie ein Wünschelrutengänger im Unsichtbaren, im Ungewissen und Ungefähren auf Spurensuche. Im Gefüge der alten Stadt Genua, in seinen alten Straßen und alten Häusern lauscht sie dem unverständlichen Raunen der Geschichten, die keiner mehr erzählt. Da sich dieses Abwesende nicht abbilden läßt, sucht sie erloschene Spuren verlorener Zeiten mit Abreibungen tastend zu bahnen. Im Rauschen ihrer Strichfolgen, der Handschrift der Zeit, enthüllt sie die in der Materie sich überlagernden, aber gespeicherten Erinnerungen.